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Wenn Moses eine Frau gehabt hätte…

Kürzlich erzählte mir ein Freund seinen Lieblingswitz: «Weisst du, was gewesen wäre, wenn Moses in der Wüste seine Frau dabei gehabt hätte? – Sie hätte nach dem Weg gefragt!»

Der Freund ist kein Pfarrer, auch wenn er mir schon «moralische Wege» gewiesen hat, dafür sind Freunde ja da. Und klar ist auch, Witze sollte man grundsätzlich nicht erklären. Trotzdem muss ich hier einen Fehler meines Freundes aufklären: Moses hatte nämlich sehr wohl eine Frau. Sie hiess Zippora und war eine so genannte «Fremdgläubige». Und drittens: Die Irr-Wanderung der Israeliten durch die Wüste dauerte laut Bibel 430 Jahre, also schlicht ewig.

Zippora wird dabei nie erwähnt. Das kann darauf hindeuten, dass Zippora gar nicht dabei war. Jüdische Theologen interpretieren es aber meist anders, wenn Ehefrauen nicht erwähnt werden: Wenn Moses seine Frau verlassen oder verloren hätte, wäre das wohl erzählt worden, weil es aussergewöhnlich war. Da Zippora nicht erwähnt wird, müsse man also annehmen, dass sie natürlicherweise auch dabei gewesen sei, aber eben nie etwas zu sagen hatte, sondern ihren Mann im Hintergrund versorgte und nach aussen unsichtbar blieb.

Wenn diese Details geklärt sind, können wir uns dem Kern des Witzes zuwenden. Den sollte man zwar ebenfalls nicht erklären, und das tu ich jetzt auch nicht. Denn im Verkehr, beim Wandern, bei Emotionsstau oder in einer fremden Stadt kennen wir die Situation und deren witzige Zuspitzung.

Einfach mal losfahren, wir werden schon ankommen, Handeln damit gehandelt ist, einfach der Nase nach, vorwärts drauflos, egal was im Weg ist und nebendran, beim Hobeln fallen halt die Späne – das gilt als klassisch mannhaftes Verhalten. Mit durchgestreckter Brust, meistens laut, Eindruck schindend, beängstigend. Und natürlich gibt es auch weibliche Ausprägungen davon: Die Furien aus den griechischen Sagen sind kein bisschen weniger furchteinflössend. Hauptsache immer in Bewegung, bloss nicht innehalten, Vollgas, das gibt ein rauschhaftes Gefühl von blendender Aktivität. Das schüttet Adrenalin aus und gibt danach eine friedliche Entspannung. Ob der Weg so ans Ziel führt, gerät dabei zur Nebensache, Kollateralschäden ebenfalls. Die Weltgeschichte ist voll von solchen «Siegern».

Und natürlich: Auf solchen Irrwegen erlebt man viele wundersame Geschichten, Umwege erhöhen die Ortskenntnis, sagt man. Also los und draufgehalten, es warten Wunden und Wunder, und auch Schmerzen lassen mich spüren, dass ich existiere, nicht?

Dahingegen: Innehalten, sich bremsen, überlegen, Einheimische fragen, ob man auf dem richtigen Weg ist, das gilt als weiblich, nur etwas für Warmduscher … Halt: WarmduscherINNEN natürlich!

Mir gefällt diese Vorstellung jedoch durchaus: Hätte Zippora die Juden durch die Wüste geführt, sie hätte nach dem Weg gefragt, wäre nach drei Jahren im gelobten Land angekommen und hätte die abgekämpfte Moses-Schar dann entspannt im Liegestuhl liegend bei einem Cocktail empfangen. Nach einer warmen Dusche natürlich.

Wahres Leading

Die Fussballsaison ist vorbei, statt grünem Rasen dominiert braunes Sägemehl die Fernseh-Bildschirme. Und das ist gut so. Trotzdem muss ich noch eine Chance ergreifen, auch wenn ich schon wie die alte Fasnacht hinterherkomme.

Vor einer Woche ist der Vorhang definitiv hinter die Ära Heusler gefallen. Sein Erfolg und seine Fähigkeit, auf verschiedenste Fangruppierungen einzugehen und sie einzubinden, das macht ihn zu einem verdienten Ehrenpräsidenten des FC Basel. Dazu noch sein lautloses soziales Engagement, zum Beispiel für Jugendliche aus der Region, die sich in Rumänien für Heimkinder einsetzen, das alles macht Bernhard Heusler zu einem „Scheinriesen“ wie Herr Tur Tur in „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“. Denn eben: wenn man ihm gegenüber stand, begegnete er einem stets auf Augenhöhe.

Trotzdem sind es nicht diese Erlebnisse, die für mich die wichtigsten sind, wenn ich an seine Zeit zurückdenke. Für mich ist sein prägendster Auftritt noch gar nicht lange her.

Im vergangenen Winter erhielten die Saisonkarten-Besitzer „wie allewyl“ Brief und Rechnung für das neue Kalenderjahr. Doch der Schreck sass bei Vielen tief. Je nach Sektor waren die Saisonkarten bis zu 40% teurer geworden. Also zum Beispiel statt 570.- über 800.-. Fussballerisch gesprochen: Viele fühlten sich von der FCB-Leitung von hinten umgegrätscht.

Internet-Foren waren voller negativer Kommentare, Zeitungen berichteten, erste Erklärungsversuche folgten, es gehe um Gerechtigkeit zwischen den einzelnen Sektoren. Auch wer für diese Absicht Verständnis aufbrachte, hatte ebenso Verständnis für den Ärger der Fans, die sich geschröpft fühlten.

Und dann, ein paar Tage darauf: Präsident Bernhard Heusler wendet sich in einer Video-Botschaft an die Fans und sagt. Das war ein Fehler. Wir nehmen die Preise zurück. Wir entschuldigen uns bei den vielen Fans, denen wir Ärger bereitet haben. Die Fans sind uns wichtig. Wir beginnen noch mal von vorne und bitten um Ideen, damit die verantwortliche Arbeitsgruppe einen neuen Vorschlag erarbeiten kann.

Bäm! Keine Ausreden, nichts zwischen den Zeilen. Heusler hätte das Ganze aussitzen können und warten, bis sich der Sturm gelegt hat. Finanziell ist der FCB ja nicht auf soviele Saison-Abos angewiesen. Aber Heusler weiss: Das sind „unsere“ Leute, und die Saisonkartenbesitzer, das ist unser Stamm, und wenn wir Erfolg haben wollen, dann geht das nur gemeinsam. Und so steht er selber hin und nimmt den Fehler auf sich.

Das kann nur jemand, dem es wirklich um die Sache und um seinen Verein geht und nicht um sein Ego. Und ein solches Handeln fusst auf dem Wissen, dass Fehler passieren. Dass nur dort keine Fehler passieren, wo nicht gearbeitet wird. Und dass das Zugeben von Fehlern einen nicht das Gesicht verlieren lässt, sondern Respekt bringt. Weil nur Persönlichkeiten auch gröbere Fehler zugeben können. Das ist wahres Leading. Bei allen Erfolgen der „Ära Heusler“ wurde mir klar: Diese Episode ist für mich die Wichtigste. Daran will ich mir ein Beispiel nehmen. Danke für dieses Vorbild!