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Happy Hour für Oberdorf

FC Oberdorf – FC Arlesheim 5:0 (3:0)
Veteranen-Meisterschaft, 27.9.2017

Ein souveräner Abend der Oberdörfer Brauerei, die mit ihren neuen Dress-Werbung den Tarif durchgaben. Fräulein, no drei Pünkt und denn e Stange.

Wer dieses Bild unscharf sieht, hat zuviel getrunken 🙂

Ausgangslage:

Nach den Siegen im WB-Tal-Derby und gegen Angstgegner Röschenz war das Ziel klar. Tabellenführer, Heimspiel,  wieder einmal eine volle Ersatzbank, mildes Herbstwetter, volle Sirup-Kurve und passender Dress-Sponsor: Die heimischen Brauer wollten gewinnen und die Bedingung schaffen, um auf einen Sieg anzustossen.

Brauerei FC Oberdorf: 1 Fäldschloss; 13 Vollmond, 17 Chopfab, 15 Stella; 14 Ziegelhof, 7 Erdinger, 16 Calanda, 9 Blizz; 4 Heineken; 10 Pilsen, 5 Ueli. 2. Rundi: 8 Guiness, 9 Chan, 6 Cardinal, 12 Ursus, 3 Warteck. Trainer: Franzisböbser.
Wechsel: 40. Warteck für Ziegelhof. 48. Ursus für Stella. 49. Chan für Ueli. 50. Cardinal für Pilsen.

„Die erschti Rundi goht uf e Gaschtgäber.“

El Capitano präsentiert stolz die neue Dress-Werbung.

Mit der neuen Braumischung 3 Malz – 4 Wasser – 1 Korn – 2 Hopfen (3-4-1-2) taten sich die heimischen Brauer nur kurz schwer. Trotz sofortiger Dominanz in der Bierhalle waren es die Gäste aus dem alkoholfreien Arlesheim, welche das erste schnelle Getränk servieren wollten, doch das Fäldschloss pflückte dem gegnerischen Brauer den Becher gerade noch rechtzeitig vom Tablett.
Danach rollte Bestellung nach Bestellung in Richtung Arlesheimer Stammtisch, und nachdem der Zapfhahn anfänglich noch ein wenig stockte und prustete, kamen die Bestellungen unter dem Dampf des Erdinger Motoren-Werks dann doch dreimal in der Gästebrauküche an.
So leicht die Heimbrauer vor den gegnerischen Braukessel kamen, so frohsinnig leerten sie in der Folge Glas für Glas neben oder über das Allerheiligste, liessen das Tablett fallen oder stellen es am Pfosten ab. Locker sechs bis sieben Stangen hätten die heimischen Brauer versorgen können.

„Die zwäiti Rundi goht uf e aghäiterete Gaschtgäber“

Auch in der zweiten Runde gaben die Gäste als erste eine Bestellung ab, doch das Feldschloss blieb uneinnehmbar, und im Gegenzug verschüttete der Ueli sein Bier alleine vor dem anthroposophischen Brauhüter.

Im Umschalten sind wir so schnell wie Real (also fast).

Auch weiterhin dominierten die Brauherren die Bierhalle fast nach Belieben, einzig beim Abliefern der Bestellungen sündigten die Oberdörfer, so dass sich der Cardinal auf der Bank überlegen musste, einen mobilen Beichtstuhl zu installieren – er wäre hochbeschäftigt gewesen. Allerdings sündigte Cardinal dann selber, als er selber mitmischte und vor dem Tor die Bestellung mit der Schaumkrone neben den Braukessel setzte…
Wie auch immer: Es war eine eigentlich Happy Hour, und aus polizeitechnischer Sicht wären noch mehr versorgte Stangen oder gar das durchaus mögliche Stängeli sowieso jenseits der gesetzlich zulässigen Höchstmenge Wertstoff in der Blut- bzw Tor-Umlaufbahn gewesen.

Fazit:
Diese gesundheitliche Vorsichtsnassnahme, sich mit fünf Bierlieferungen zu begnügen, hat die voll gefüllte Sirupkurve jedoch nicht zufriedengestellt – sie hätten sich mehr Tortrunkenheit gewünscht… Immerhin hatte der Ersatz-Brauhüter Schneider Weisse dann nach dem Spiel einen Tabellenleadertrank gesponsert – Man sagt Danke. Oder eben: “Fräulein, e Stange!” (wie es ja eines Clubhauses auch würdig wäre…).

Die volle Sirup-Kurve.

Tore: 13. Heineken 1:0. Eine scharf getretene Bestellung von Pilsen konnte vom gegnerischen Torbrauer nur knapp nach vorne abgewehrt werden, wo das einschussbereite Heineken die Stange nur noch einzuschieben brauchte.
18. Erdinger 2:0. Wieder ist es das Pilsenbier, das durch die Arlesheimer Brauküche zieht, dass es schäumt, und serviert ein kühles Weissbier, das Erdinger souverän.
20. Pilsen 3:0. Eine butterweiche Bestellung durch das Ueli-Bier versenkt Pilsen mit der Schaumkrone.
47. Pilsen 4:0. Uelibier stellt das Glas in Pilsens Reichweite, der bringt es in die Brauküche und versorgt es.
54. Pilsen 5:0. Und noch eine Stange versenkt der Polen-Brauer in der antroposophischen Alkoholfrei-Harasse.

„Oh mein Gott! Dä MUESCH doch mache!“

Fussball und Religion, das passt besser zusammen als Fuss und Ball. Eben gerade deswegen – Oh My God! Die BZ-Kolummne beginnt mit Thierry Moosbruggers Bekenntnis zu Demut und übertriebenem Torjubel.

König Fussball ist ein Narr. Fuss und Ball, das passt nicht zusammen. Auch in den letzten Wochen nicht: “Dä MUESCH doch mache” – “Retweet: OMG, dä Fliegefänger” – “Dä hätt sogar myni Grossmuetter versänkt!” – Aus fünf Metern springt der Pass ans Knie des Mitspielers, unter den millionenschweren Füssen rollt der Ball ins Aus. Tausende von Trainingsstunden, Milliarden an Investitionen in „Human Resources” – und dann haut Ronaldo den Penalty an den Pfosten, der englische Torwart lässt den isländischen Schuss durch die Hände gleiten, Derdyok vergibt alleine vor dem Tor… – reihenweise Momente von Versagen, Scheitern, Tragik. Der Fussballgott muss ein schadenfreudiges Wesen sein.

Im Gundeli wie im Stade de France

Sind Sie in kürzlich selber auf einem Fussballfeld gestanden? Dann halten Sie den Schlüssel zur globalen Fussball-Faszination zwischen den Zehen: Sie wissen, wie es ist, wenn ein Pass ins Juhee geht, wenn man ein Luftloch schlägt und der Ball an die Hand springt „wo die Hand nichts verloren hat“. Das verbindet die Millionen Fussballer vom Hinterhof im Gundeli über den Dreckplatz in Tirana bis ins glänzende Stade De France, wo morgen wieder Pässe missraten und Chancen vergeben werden.

Revolution gegen die Natur

Im Fussball ist das Scheitern das Normale. Und nach jedem miesen Pass, nach jeder vergebenen Chance gilt: Weitermachen. Von neuem versuchen. Neunzigmal pro Spiel. Und dann: Ein einziger gelungener Spielzug kann zum Delirium führen. „Das Runde muss ins Eckige“ – das tönt einfach und ist doch jedes Mal eine Revolution gegen die Natur des Scheiterns.

Jeder Fussballer weiss das, die Kleinen und vor allem auch die Grossen: Dass Pässe, Freistösse, Direktabnahmen gelingen, ist immer auch Glück.
Wenn sich Spieler vor Betreten des Rasens bekreuzigen oder nach einem Tor dem Himmel danken, dann zeugt das von diesem Wissen: Das Geglückte im Spiel ist immer ein Stück Gnade. Das kann man nicht „verdienen“, das bleibt immer ein bisschen geschenkt. Nur Kleingeister, die vom Fussball wie vom Leben nur wenig Ahnung haben, betrachten das als „Aberglaube“.

Was Gnade ist

Und wie im Fussball läuft es auch im menschlichen Alltag: Pleiten, Pech und Pannen, allüberall. Heute morgen schon wieder im Stau, obwohl ich früh dran war: Wie das zehnte mal im Offside gelandet. Die nicht enden wollende Sitzung: Wie ein zähes Null zu Null. Am Abend Streit mit meiner Frau, wegen einer Kleinigkeit, wie immer: Wie der Fehlpass vor dem eigenen Strafraum, obwohl jeder weiss, dass man dort nicht ins Zentrum spielt.

Fussball lehrt Demut. Und Fussball lehrt, was Gnade ist. Eine einzige glückliche Aktion kann ein ganzes Land in Euphorie stürzen, im Wissen darum, dass Glück flüchtig ist wie ein Flatterball, Gnade unplanbar wie ein Freistoss ins Lattenkreuz. Deshalb sind die Stadionkapellen in Deutschland so begehrt. Weil sie diese Verbindung herstellen.

Haben Sie in ihrem Alltag einen Penalty verschossen? Lernen Sie von Ronaldo, spielen Sie weiter. Und wenn Ihnen heute eine Traumkombination gelingt, gönnen Sie sich ruhig total übertriebenen Jubel. Gott gibt Ihnen keine gelbe Karte deswegen. Er freut sich.