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#diejugendvonheute

Graffiti bei einer WB-Station.

Ein Dienstag Nachmittag, viertel vor vier Uhr in der WB. Gut gefüllter mittlerer Wagen, ich lese Zeitung, rund um mich sitzen Jugendliche auf der Heimfahrt von der Schule in Liestal. Zwei davon am Natel, wie erwartet, einer scheint zu chatten, einer zu gamen. Einer geht seine Wörtlikärtli durch. Man ist zusammen auf dem Heimweg wie schon hunderte von male, man muss nicht reden, um die Gemeinschaft zu spüren.

Die WB bremst, um bei der Station Weidbächli anzuhalten. Eine junge schwarze Mutter mit Kinderwagen schickt sich an, auszusteigen, dreht den Wagen um 180 Grad und macht sich bereit. Die WB hält. Einer der drei 18-Jährigen, nennen wir ihn David, steht auf, bückt sich zum Kinderwagen hinunter, greift die Vorderachse. Der Wagen wird auf diese Weise sanft und ohne Geholper aus der WB gehievt. Während dieser Zeit drückt sein Kollege, ohne vom Natel aufzusehen, die ganze Zeit den „Aussteigen“-Knopf, damit die Tür offen bleibt.

Die Mutter ist mit ihrem Kind auf dem Perron, die Türe schliesst sich, David setzt sich hin und widmet sich wieder seinen Wörtli. Niemand hatte vor, während und nach der Szene ein Wort gesagt, es war eine Szene von ein paar Sekunden.

Auch ich sage nichts, natürlich. Aber innerlich bin ich berührt, genau von dieser Beiläufigkeit.

Diese selbstverständliche Alltags-Freundlichkeit ganz normaler Jugendlicher, die es nie auf eine Frontseite einer Zeitung schaffen wird.

Ich finde: es ist eine #tollegeneration!

 

„Mir wäi luege.“ – Ich bitte darum!

„Habt ihr in Waldenburg eigentlich schon fliessend Wasser?“ – „Eine Sitzung in Liestal – Gilt da mein U-Abo noch?“ – „Wir haben ein tolles Projekt, alles vorbereitet, Ihr müsst inhaltlich gar nichts mehr beitragen, wir bräuchten nur noch finanzielle Unterstützung von der Landschaft.“
Das Hintergrundrauschen in der „Zusammenarbeit“ im Baselland-Universum macht viele Baselbieter taub für Fusionsgedanken. “Mir wäi nit luege”, quasi.

Baselland und Basel-Stadt - noch keine Herzensangelegenheit...
Baselland und Basel-Stadt – noch keine Herzensangelegenheit…

Die Dörfer und das Dorf

Aufgewachsen in Binningen, wohnhaft in Waldenburg. Arbeitsort während 15 Jahren in Liestal und seit kurzem in Basel.
Als ich noch in Binningen lebte, war mir schleierhaft, was „Basel-Land“ eigentlich soll. Seit ich in Waldenburg wohne, hab ich viel über das Misstrauen gegenüber der Stadt gelernt. Und bin zum Hardcore-Baselbieter mutiert.
Das obere Baselbiet – das sind Dörfer. Basel, erlebe ich nun, ist eigentlich auch ein Dorf; Jede und Jeder kennt sich über zwei Ecken oder über die zwei grossen “Basler EFFs” (Fussball und Fasnacht) . Basel ist ein Dorf, das sich als “Stadt” gebärdet und wo jeder geplante Hochhausbau bitter bekämpft wird.

Gesunde Stadt, krankes Land

Doch seit die Fusionsprüfung auf der Traktandenliste steht, verstehe ich das Basel-Land nicht mehr. Und die Stadt auch nicht.
Was hat das finanziell topfitte Basel davon, mit einem finanziell desolaten Halbkanton und seinen massiven wirtschaftlichen Problemen zu fusionieren?
„Wir brauchen neue Landreserven“ – das war natürlich keine kluge Begründung, sondern Benzin ins lodernde Landschafts-Misstrauen. Ebenso wie das demonstrative Entsetzen, sich Liestal als Kantonshauptort vorstellen zu müssen.

Keine Visionen

Erschreckt hat mich dabei jedoch etwas anderes: das grundsätzliche Fehlen von Visionen, hüben wie drüben. Wie soll es mit Baselland weitergehen? Ehm… hmmm… tjaaaa… und dann kommt: genau: nichts. …oder vielleicht das: „Die Baselbieter zahlen dann mehr fürs Theater.“ – „Wir bleiben wie wir sind.“ – „Wir haben dann eine gemeinsame Stimme im Ständerat.“ Mit Verlaub, das sind keine Visionen.

Und gerade Baselland hätte Visionen dringend nötig.

Wenn mich bei dieser blutleeren Kampagne der Fusions-Befürworter das Vakuum an Visionen „tschuudere“ lässt, dann bin ich entsetzt über das mantra-mässige Wiederholen von Vorurteilen ungefähr aus dem Paläozän, das ich von der lauten Fusions-Gegnerschaft höre. – Leben wir noch in der Zeit, als man in Waldenburg die Pferde wechselte? Oder als in der Stainevorstadt noch das Restaurant „Merkur“ stand?

Argumente aus dem Paläozän

Steuern? Ich wohne in Waldenburg und zahle mehr Steuern, als ich das in Basel tun würde. Politik? Das „linke Basel“: könnte vom “rechten Baselbiet” regelmässig „gedreht“ werden. Lohn? Ich arbeite in Basel-Stadt – beim Kantonswechsel habe ich trotz höherer Verantwortung eine Lohneinbusse hingenommen. Staatsfinanzen? die linke Finanzministerin hat die Stadt reich gemacht, die BL-Finanzen stürzten unter bürgerlicher Ägide ins Bodenlose. Erfolgsrezept Baselland? Hm, wem das Herunterwirtschaften als Erfolg gilt, dem kann das Wohl des Baselbiets wohl nicht so am Herzen liegen…

Also: Wie könnte das Baselbiet zurückfinden zum Strahlen von einst: Mit Höhenfeuern, Réduit-Reden und „Baselbieterlied“? Die Jungen in Waldenburg würden sagen: „What the F***?!?!“

Mir wäi luege – und das tun.

Mein Baselbiet, es braucht vor allem eines: Leute, die sagen: „Mir wäi luege“. Und das dann auch tun.
Von mir aus mal ganz egoistisch formuliert:
Mir wäi luege, wie das Baselbiet von einer Fusion profitieren könnte.
Mir wäi luege, wie eine Fusion unsere wirtschaftlichen Probleme im Baselbiet lösen könnte.
Mir wäi luege, wo sich mit der Fusion Visionen für ein zukunftsfähiges Baselbiet auftun.
Mir wäi luege, wie man gewinnbringend mit dem Geld umgeht.

Ein richtiger Baselbieter will hinschauen

Ein richtiger Baselbieter will solche Fragen genau anschauen.
Wer Diskussionen abblockt, bevor er „gluegt“ hat, versteht das Baselbieter Lied nicht.
Mir wäi luege – als Baselbieter glaube ich an die Kraft des Baselbieter Mottos.