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Blind auf dem „Nati-Auge“: Medien und Fussballfans

Hier „frenetisch“, da „gewalttätig“.  Exzesse nach Nati-Spielen blieben während der WM weitgehend unbeachtet. Das wird sich mit dem Beginn der Superleague wohl wieder ändern. Nur Nati-Fans dürfen ungestraft Pyros werfen.

„Tote nach Messerstecherei bei FCB-Meisterfeier“ – „Betrunkener FCZ-Fan stürzt nach Cupfinal von Gerüst: schwerverletzt!“ – „GC-Fans werfen Pyros gezielt auf unbescholtene Bürger!“ – „Eingeschlagene Fensterscheiben von Luzern-Fans: wie lange noch?“ – „Alkohol, Pyros, Pöbeleien: Polizei schaut zu.“

Diese Schlagzeilen hat es nicht gegeben. Denn die “Täter” waren nicht Clubfans, sondern Anhänger der Schweizer und der Deutschen Nati. Deshalb billigen Polizei und Medien all das, was sie bei Clubfans mit grosser Empörung verdammen und medial hochputschen.

Wenn me dääääänggt…

Obwohl das alles passiert ist: Die Meldungen erschienen nicht in all den Zeitungen, die sich sonst zu den Hütern von Fussballmoral hochjubeln. Und die Zeitungen, die darüber berichteten, taten dies kurz und knapp und erfreulich sachlich im Bereich „Vermischtes“.

BLICK-Online geht sogar noch weiter: Alles wird aufgezählt, was in der Schweiz so geschehen ist. Im Umfeld von Schweizer Fussballclubs würde der Boulevard-Riese das sofort zu einer medialen Hexenjagd gegen Clubs und Fans benützen. Diesmal jedoch kleidet er die Nati-Fan-Exzesse Abschnitt für Abschnitt in verharmlosende „scheints war es nicht so schlimm, schliesslich sind wir im Achtelfinal und dürfen uns freuen“-Formulierungen.
Wie würde man sich solch ein Augenmass in der Schweizer Meisterschaft wünschen – leider muss man davon ausgehen, dass es beim frommen Wunsch bleibt.

Die Macht der Bildlegende

Links eine Pyrofackel mitten in der Menge; doch diesmal ist der Focus woanders...
Links eine Pyrofackel mitten in der Menge; doch diesmal ist der Focus woanders…

Das Bild der AZ zeigt ebenfalls die Macht der Untertitel: im Bild sieht man eine böseböse Pyrofackel am Bildrand, mitten in einer feiernden Menge. Im Normalfall würde hier sofort die Gefahr (5,8 Millionen Grad!) beschworen und mit Gewalt verbunden. Hier jedoch: Nichts davon, nur die Feierfreude wird beschrieben.

Gute Nati-Pyros vs. böse Club-Pyros

Das habe ich also von Blick, Sonntagszeitung und Konsorten gelernt: Nati-Fan-Pyros sind gut, Nati-Fans-Verkehrsbehinderungen sind harmlos, Nati-Fan-Gewalt ist bedauernswert, und leider gabs ein paar Tote und Verletzte bei Meisterfeiern. Kann ja mal passieren.

Hingegen sind Clubfan-Pyros böse, Clubfan-Verkehrsbehinderungen kriminell, Clubfan-Gewalt flächendeckend (jeder Matchbesucher ist ein Schläger und Alle sind von Bernhard Heusler persönlich angestiftet!), und „Wahartet nur bis es den ersten Toten gibt, dann werdet Ihr schon sehen“!

Medien tolerieren Gewalt – sobald es ihnen nützt

Es hat sie nun gegeben, die Toten und Verletzten – wo sind sie jezt alle nur abgeblieben, die „Fussball-Gewaltverächter“ aus Medien und Politik?

Die ungleichen Ellen, mit denen diese so genannten „Zeitungen“ messen: das ist widerlich.
Und es zeigt sich: Diesen “Zeitungen” geht es genau nicht um “Gewalt”. Es geht einzig um allerbilligste Effekthascherei und Manipulation.

Pyro-Werfer: hier “friedlich”, da “kriminell”

Die Medien führen diesmal keine Schlacht gegen Exzesse der Fussballfans. Weil “Nati-Fans”, das sind eben irgendwie wir alle.
Anders als bei Fussballclubs trauen sich die Medien darum nicht, die Nati oder uns alle in Sippenhaft zu nehmen, wie es bei Clubfans üblich ist. Darum sind Pyro-werfende Nati-Fans “friedlich-fröhliche Feiernde”, Pyro-werfende GC-Fans aber “Kriminelle”.

Also bleiben die empörten Moral-Kanonen diesmal in der Garage. Man kann dann wieder damit auf Spatzen schiessen, wenn es um FCZ- und FCB-Fans geht. Dann betrifft es nur Wenige, und die journalistische Auswertung fordert kaum Sachkompetenz.

Wer Zeitung liest, weiss was in der Zeitung steht

Ich finde Gewalt im Zusammenhang mit Fussball doof – ob auf dem Rasen, auf den Rängen, vor den Stadien oder bei Fussballfeiern. Und ich bin dafür, damit so umzugehen, wie es der FC Basel tut: In Fanprojekte investieren, den Dialog auf Augenhöhe führen, Übertritte bestrafen.

Kürzlich hab ich gelesen:
“Wer Zeitung liest, erfährt nicht, was in der Welt geschieht. Er erfährt bloss, was in der Zeitung steht.”
Quod erat demonstrandum.

Links:

 

 

Gewalt? Oder echter Männersport?

Dasselbe ist nicht dasselbe – was im heutigen Fussballsport zur nationalen Krise emporgeschrieben wird, wird im Eishockey als männliche Stärke zelebriert. Ein Blick über den Tellerrand.

Ein Faustschlag des Stürmers an seinen Gegenspieler. Eine Prügelei auf dem Spielfeld vor laufender Kamera wird weder verurteilt, noch gibt es Sanktionen für die Vereine, noch folgt ein Medien-Aufschrei.

So sieht das aus:

Man stelle sich die selben Szenen im Fussball vor. Und wie danach die Medien die Fussballvereine verprügeln würden. Hier jedoch: “Man merkt, es geht um etwas.” Aha.

Hier “Hooligans”, da “echte Kerle”

Im Eishockey zählen Schlägereien zur Unterhaltung dieses “Männersports”. Dahinter steckt wohl auch etwas anderes: Eishockey ist eine mediale Randsportart. Darum kann dort Gewalt mit weniger und vor allem mit positiven Emotionen gewertet werden. Was im Fussball Hooligans sind, sind im Eishockey “echte Kerle”.

In den letzten Jahren gab es in der Schweiz mehrere Vorfälle auf dem Eis, die lebenslange Behinderungen von Spielern zur Folge hatten. Konsequenzen auf der Ebene “Gewalt”? Ein einziger solcher Fall kostet die Gesellschaft (bzw die Krankenkasse) einen siebenstelligen Betrag. Jammert jemand, wie hohe Sozialkosten dieser Sport produziert?

Hier “Eisreinigung”, da “Spielsperre”

Regelmässig müssen die Eisfelder im Eishockey gereinigt werden, weil Zuschauer alle möglichen Gegenstände werfen. Gibts einen Aufstand? Nein. Was im Fussball zu Medien-Forderungen aus Zürich führt, man müsse dem FC Basel den Meistertitel aberkennen, ist im Eishockey Alltag. Pause – Eisreinigung – weiter gehts. Niemanden interessierts.

Übrigens: beim Champions-League-Viertelfinal Manchester United – Bayern München (April 2014) wird der Torwart Manuel Neuer in den Schlussminuten mit Gegenständen beworfen, so dass er den Abstoss nicht ausführen kann. Was tut der Schiedsrichter? Er pfeift einfach das Spiel früher ab. Kein Aufschrei, keine wüsten Forderungen an die Clubleitung, kein Geisterspiel natürlich. Interessant, wie dieselben Vorgänge von den Medien anders bewertet werden.

“Früher war alles besser?”

Letzter Blick über den Tellerrand. Immer wieder behaupten die Medien, Gewalt nehme zu. Wie so of verwechseln sie die Anzahl der Berichte mit der Anzahl der Vorfälle. Um ihre Phantasie zu bestätigen, werden Zahlen schon mal kurzerhand frisiert oder bewusst manipuliert.

Das Fussball-Magazin “Zwoelf” hat Medienkommentare zu Zuschauer-Randalen aus den 70-er-Jahren zusammengestellt. Dazu passt dieses Bild vom Cupfinal 1974. Was geschah nach dieser Szene der Verwüstung? Nichts. Drei Zeilen in der Zeitung. Interessant.

Cupfinal 1974, Sion - Lausanne
Cupfinal 1974, Sion – Xamax