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28 Jahre
1986 im April hatte ich mein letztes Meisterschaftstor erzielt. Im April 2014 mein nächstes. Viel passiert seither. Anderes ist noch gleich. Zum Beispiel: das Runde muss ins Eckige.

1986: Man hört Bon Jovi, Modern Talking, Frankie Goes To Hollywood. Man schaut Top Gun und 9½ Weeks. Xamax wird Schweizermeister (Trainer: na wer wohl?). Der FC Basel setzt sich im Relegationsspiel knapp gegen den FC Bulle durch.
Als es noch den “Libero” gab
Ich spiele wie mein ganzes Leben bisher Fussball beim SC Binningen. Eben hatte ich auch noch die F-Junioren trainiert und einem gewissen Oumar Kondé beigebracht, seine Schuhe zu binden. Der gesamte Regionalfussball findet am Sonntagmorgen statt, und so spiele ich auch während der Rekrutenschule die Meisterschaft in der damaligen 3 Liga. Linker Aussenverteidiger.
System: 4-3-3, etwas anderes gibt es nicht. Einzelne „Betonmischer“ spielen mit nur zwei Stürmer, und das ist verpönt. Und hinten: Ein „Libero“ und ein „Vorstopper“.
VFR Rasenspiele?
Ich erinnere mich lustigerweise noch gut an dieses letzte Tor (aber habe keinen Schimmer mehr, wer der Gegner war: „VFR Rasenspiele“ vielleicht? Egal). Ich erhalte den Ball an der Mittellinie, werde nicht angegriffen, ziehe mit dem Ball am Fuss nach in Richtung Mitte, wunderbarerweise tut sich eine Lücke auf, und ich schiesse von 20 Metern ins Tor.
Kurze Zeit später: In der RS Bänder am Fussgelenk gerissen, operiert (machte man damals noch), Pause, dann Studium, zwei halbherzige Comeback-Versuche, Familie, Kinder… und Fussball aktiv nur noch in der Halle mit ein paar Lehrern aus dem Waldenburgertal.
Dann der Jobwechsel. Plötzlich kaum noch Abendtermine, Fitness reaktiviert, und die gwundrige Frage: Würde „es“ mir noch Spass machen? Könnte ich „es“ noch?
Der Duft des grünen Rasens
Wer nicht wagt… – Einsteigen bei den Veteranen des FC Oberdorf! Schnell wird mir klar, bei den Veteranen gibt es im Training zwei Hauptziele: Spass haben und keine Verletzung einfangen. Check!
Viel verändert hat sich in der Trainingslehre: Andere, vielseitigere, komplexere Übungen. Und das erste Training mit dem Geruch des grünen Rasens: Endorphin-Überflutung.
Eine Offenbarung auch das erste mal in der Beiz nach dem Training. Als ob es nie eine Pause gegeben hätte: Binningen oder Oberdorf, 1986 oder 2014 – gleiche gelöste Atmosphäre, gleiche Themen, gleiche Freundschaft. Wunderbar.
Goldkette im Sturm
Auch in der Meisterschaft sind die drei Jahrzehnte spürbar. Ich vergesse noch jedes mal, dass man keine Ringe und überhaupt keinen Schmuck mehr im Spiel tragen darf. In den 80-ern war auch eine Halskette kein Problem… Einen Mannschafts-Einmarsch gab es damals erst ab der zweiten Liga, Handshake mit den Gegnern sowieso nicht.
Anekdoten-Fussball
Veteranen-Fussball ist auch “Anekdoten-Fussball”. Letztes Beispiel beim Heimspiel gegen den “FC Beograd” (Serben? Kroaten?). Der Schiedsrichter – noch ein bisschen älter als wir – bei der Spielerpass-Kontrolle: “Ihr wisst aber schon, dass das hier Kunstrasen ist?” – Ungläubige Blicke unserer Mannschaft. Der Schiedsrichtet nochmals: “Ja, ich sage nur, damit euch das klar ist” – Niemand weiss was sagen, bis Edi es ausspricht: “Ehm, ja, wir trainieren hier jede Woche, wir haben das schon bemerkt- “Aha, ihr seid FC Oberdorf?” – Also von Heimbonus konnte dann keine Rede sein 🙂
Der Junge im Veteran
Und dann eben: Vorne ist mir wohler als hinten, und nach zwei abgeblockten Abschlussversuchen (ich war noch nie der schnellste) und einem verpassten Kopfball (…aber DAS war verdammt noch mal meine Stärke gewesen!) stehe ich nach einem gelungenen Forechecking am richtigen Ort und verwerte eine Hereingabe von der Seite. 28 Jahre und ein halbes Leben Erfahrung später ist es immer noch – ok, ich gebs zu – ein geiles Gefühl.
Die Kisten Bier danach sind natürlich gerne spendiert, und die ziehenden Muskeln am Tag danach gerne in Kauf genommen. Unsere Körper zollen dem Alter Tribut und gehen langsam kaputt – was bleibt, ist unsere Lebensfreude.

Fasnacht 2014: Bitte “Meh Dräck”!
das fasnachtsmotto 2014 ist der aufruf von oben zur musealisierung der fasnacht. “bitte blyb suuber” wird explizit mit der behaupteten “alten ordnung” verknüpft. gemeint ist aber gerade nicht die wirkliche alte fasnachtsordnung, sondern politisch korrektes liebsy, ohne ecken und kanten. ein friedhof ist fasnächtlicher als diese plakette…

grosses gelächter! ausgerechnet die fasnacht: wo heillose abfallberge entstehen. wo das schmeissen von esswaren zelebriert wird. wo nichts so der design-mode unterworfen ist wie der waggis. wo (im rückblick!) cliquen wie die kuttlebutzer heiliggesprochen werden, die genau die museale fasnachtsordnung permanent gebrochen haben.
“Alte Ordnung achten”? – Ein Witz!
wer die “alte ordnung” bemüht, beweist, dass er von fasnachtstradition keine ahnung hat. denn die einzigen beiden wirklichen traditionen sind:
– ein permanenter wandel der gebräuche (traditionell wären nämlich zb wachslärvli, filz-costume, spreu von den wägen und schyssdräggziigli am donschtig morge am achti)
– ein respektloses aufbegehren gegen die ordnung von oben.
wer nun von genau diesem “oben” den fasnächtlern ein motto wie “gäll blyb suuber” aufzwingt, zeigt sich als präzis die kaste, gegen die sich die fasnacht mit allen mitteln wehren MUSS, um nicht zum schwoobe-karneval oder zur thurgauer-sauglatt-fasnacht zu degradieren.
Die wahren Hüter der Tradition
zum glück gibts die “free-willy”-bebbi und fasnachtsleaks – sie sind die fasnachts-fackeln, die das fasnachtsfeuer am leben halten.
an einer plakette wie “blyb suber” hingegen klebt bereits in der druckerpresse der museale friedhofs-staub. – konsequenterweise müsste übrigens ein räppli-wurf-verbot wegen littering erlassen werden.
fasnacht heisst nicht: blyb suuber.
fasnacht heisst: MEH DRÄCK.