Home » Beitrag veröffentlicht von tmoosbrugger (Seite 27)

Archiv des Autors: tmoosbrugger

Die friedlichste aller Zeiten? – omg!

Wer lieber Mitglied eines Gewinner-Teams anstatt eines grimmigen Weltuntergangsprojekts ist, sollte schleunigst damit beginnen, sich für den Frieden zu engagieren. Denn ob Sie es glauben oder nicht: Friede und Gewaltlosigkeit sind die Sieger der Weltgeschichte.

Private Waffenverkäufe haben in der Schweiz massiv zugenommen. In den USA ist das Gewehr Symbol von Freiheit und Frieden(!), während IKEA 36 Millionen(!!) Kommoden(!!!) zurückzieht, weil seit 1989(!!!) sechs(!!!!) US-Kinder starben, als sie auf die Kommoden kletterten und diese dann umkippten – mir gehen die Ausrufezeichen aus und es stellt sich die Frage: In welcher Welt leben wir eigentlich?

Lebende Menschen sind wertvoller

Der amerikanische Friedensforscher Steven Pinker sagt: Wir leben in der friedlichsten aller Zeiten, seit es Menschen gibt. Pinker belegt das mit dem unangenehmsten aller Argumente: der Realität.
Dank akribisch geführter Steuerlisten der Mächtigen aller Zeiten wissen wir: Im 15. Jahrhundert starben vierzig Menschen von 100’000 Einwohner an einer Gewalttat, heute noch ein einziger, seit 1955 hat sich die Anzahl der Kriegsopfer gar halbiert. Die Gewaltquote ist immer und überall gesunken, wenn die Wirtschaft Grenzen überschritt: Wo man handelt, ist ein lebender Mensch wertvoller als ein toter, handeln gewinnbringender als stehlen.

Live-Ticker auf dem Schnurtelefon?

Wir hingegen so: „Früher war doch alles besser!” Hm. Dann waren also Adam und Eva die besten Erzieher, ihre Kinder Kain und Abel die brävsten, und seither geht’s den Bach runter. Das ist natürlich ebensolcher Blödsinn wie der Kalauer, dass damals 25% der Weltbevölkerung Mörder waren.
Wir wieder so: „Dann sind die Medien verantwortlich? Ich bekomme heute jeden Tag Nachrichten aufs Natel von Gewalttaten! Die Welt MUSS doch immer gewalttätiger werden!” – Wahr und falsch. Tatsächlich gab es vor zwanzig Jahren keine Push-News auf unser Schnurtelefon im Wohnzimmer. Und ein Sonderberichterstatter stellt sich nicht vor einen Kindergarten, um darüber zu berichten, wie friedlich hier alles zu und her geht. Oder welches Medium schaltet einen Live-Ticker vom Marktplatz des Landes, das seinen Bürgerkrieg beendet hat?

Global Player des Friedens

Wir Menschen funktionieren nach dem Prinzip „Was ich weiss, macht mich heiss”. Immer schneller immer mehr „News” aus immer ferneren Ländern verführen uns zu meinen, es gäbe generell mehr Gewalt. Verständlich, aber falsch.
Bei all ihren Schattenseiten ist auch die Presse ein Global Player des Friedens, indem sie uns wachsam hält für Unrecht. Und uns zum Beispiel zwingt, aus dem Fenster unseres Heimetlis hinaus zu sehen, dass „diese Barbaren” mit Schweizer Waffen Krieg führen.

Frieden gewinnt

Schliesslich: Erst der Rückgang von Mord und Totschlag hat uns für weitere Formen von Gewalt sensibilisiert, die früher bloss „Peanuts” waren. Psychische Gewalt, Folter, Gewalt an Kindern etc. Diese neue Sensibilität kann rasch zum Irrtum führen, die Welt insgesamt sei gewalttätiger geworden.
Das Gegenteil ist der Fall. Und das ist gut für unser Engagement: Der Einsatz für eine bessere Welt ist Teil eines gigantischen Erfolgsprojekts (mit tausenden von herben Rückschlägen, klar). Und am Ende siegt das Gute – omg! Engagierte sind auf der Siegerseite – das motiviert mich mehr als das 376. Weltuntergangsszenario. Es erinnert mich an das Motto des heiligen Don Bosco: Gutes tun und die Spatzen pfeifen lassen.

Gute Schule drinnen? – Gute Lehrer:innen!

Auf das Ende der Schulsommerferien hin ein paar Gedanken, wieso ein Lehrplan keine Prüfungen korrigiert und ein Kompetenzerwerb keine Elterngespräche führt. Und wieso Lehrer:innen im Internetzeitalter dasselbe tun müssen wie Jesus vor 2000 Jahren.

Die Schülerinnen haben noch eine Woche Ferien. Die Lehrer eher nicht. Sie bereiten längst das neue Schuljahr vor, das alte Vorurteil „Lehrerinnen sind Ferientechniker“ ist – tja, eben ein Vorurteil. Im Theater um Lehrpläne und Co scheint das Wissen verloren gegangen, dass kein „Lehrplan Einundzwanzigkommafünf“ morgens aufsteht und keine „Kompetenzbeschreibung“ die Schülerinnen begrüsst. Menschen aus Fleisch und Blut tun das – omg!

Menschen folgen Menschen

Menschen verbinden sich lieber mit konkreten Menschen als mit abstrakten Ideen. FCB-Fans rufen öfter nach „Integrationsfiguren“ als nach dem Business-Plan, Bernhard Heuslers Ausstrahlung liegt in seiner Persönlichkeit, nicht im „Kompetenzbeschrieb“. Der Aufstieg der SVP-Ideologie hängt an der Person von Christoph Blocher, bei Wahlen ist die Persönlichkeit oft wichtiger als die Partei. Das birgt auch Schattenseiten, bleibt aber dennoch eine Grundlage des Mensch-Seins, eine „condition humaine“.

“Christinnen” statt “Kreuzer”

In den Religionen ist das nicht anders. Wir sind weder „Bibliker“ noch „Kreuzinnen“, sondern Christ:innen, benannt nach einem Menschen. So wie die Buddhist:innen. Auch die Juden nennen sich nach einem Menschen, und als ich noch zur Schule ging, redete man von „Mohammedanerinnen“, wegen – eben ja.

Jesus wiederum wurde oft „Rabbi“ genannt, also Lehrer, Buddha sieht man oft in Lehrpose, und damit sind wir zurück im Klassenzimmer.

Anfang und Schlussstein

Dort lautet eine Binsenwahrheit: Der beste Lehrplan ist nichts wert mit demotivierten Lehrern, eine motivierte Lehrerin macht mit jedem Lehrplan guten Unterricht. Eine Schule ist so gut wie die Motivation ihrer Lehrer, eine Schulentwicklung so erfolgversprechend wie die Wertschätzung gegenüber ihren Lehrerinnen. Wer die Schule verbessern will, muss dort anfangen und dort den Schlussstein setzen: Bei Motivation und Wertschätzung der Lehrer. Nur wer das verstanden hat, sollte Lehrpläne entwickeln dürfen, weil sonst lediglich Sandkastenspiele der eigenen Eitelkeiten entstehen.

Auch im Medienzeitalter bleibt die Persönlichkeit der Lehrerinnen matchentscheidend. Wo dank Internet alle möglichen Informationen so leicht zugänglich sind, ist die Persönlichkeit des Lehrers gefragt, der den Schülerinnen hilft, die Informationen zu werten, einzuordnen und mit anderen Gebieten in Beziehung zu setzen.

Werten und Verknüpfen

Das ist jetzt zwar nicht wirklich neu. Rabbi Jesus zum Beispiel hat genau das getan: er hat die Informationen aus der Flut der jüdischen heiligen Schriften neu gewertet und neu miteinander verknüpft. Er hat seinen Schüler:innen die „Lerninhalte“ mit Geschichten aus ihrem aktuellen Alltag verständlich gemacht, ich würd mal sagen mit nachhaltiger Wirkung. Motivation und Wertschätzung erhielt er von seinen Schüler:innen (meistens) und von einigen anderen Lehrern. Die offiziellen „pädagogischen Räte“ und politischen Gremien schätzten Rabbi Jesus eher nicht, um es sanft auszudrücken.

Wertschätzung von (ganz) oben

Ich wünsche den Schülerinnen und Schülern nächste Woche deshalb motivierte Lehrer:innen. Und den Lehrer:innen wünsche ich, dass sie Motivation und Wertschätzung „von oben“ nicht wie Rabbi Jesus nur von Gott erhalten, sondern auch von den verantwortlichen pädagogischen und politischen Gremien.