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Die Macht der Bilder: Papst vs. Moralisten

Wie im Konklave selber war auch beim frisch gewählten Papst Franziskus die Macht der Bilder überwältigend. Zwei Beispiele und ein “wörtliches” Gegengewicht.

Der Fake: Woityla ist tot (oben) vs. Bergoglio kommt gleich (unten)
Der Fake: Woityla ist tot (oben) vs. Bergoglio kommt gleich (unten)

Die Macht der Bilder dominierten das Konklave: Der Kamin, die roten Schuhe, die wartenden Menschen auf dem Petersplatz. Nach der wohltuenden Medien-Ruhe der Wahl selber setzte sofort ein New-Media-Tsunami ein, und mit dem Erscheinen von Papst Franziskus auf dem Balkon wurde die Macht der Bilder deutlich. Er verzichtete auf Fell-Mäntelchen und grosses Goldkreuz lapidar mit den Worten: “Fasnacht ist vorbei.”

Und so war seine optische Erscheinung bereits eine explosive Aussage, unterstrichen durch seine Worte. Ein Papst, der auf Prunk und Pomp verzichtet. Seine Worte von Armut und Geschwisterlichkeit wurden durch seine Kleidung unterstützt – und wirkte darum glaubhaft.

Kurz danach kursierte erst im Netz und dann auch in Printmedien ein Doppelbild des Petersplatzes mit den Jahreszahlen 2005 und 2013. Die Aussage zwischen den Zeilen: in der “guten alten Zeit” waren die Menschen noch nicht auf Natels angewiesen, sie “fotographierten” den Papst quasi “mit dem Herzen”, während heute niemand mehr mit dem Herzen dabei ist, sondern nur noch mediengeil das Natel zückt. *Seufz* – früher war eben alles noch besser.

SO haben die Menschen 2005 Benedikt fotographiert...
SO haben die Menschen 2005 Benedikt fotographiert…

Es ist einem wachen Journalisten der Washington Post zu verdanken, diese Montage als moralinsaure Manipulation zu entlarven.

1. Das Bild von 2005 zeigt nicht den Moment, als der neugewählte Papst Benedikt den Balkon betritt, sondern den Moment, als der Tod von Papst Johannes-Paul verkündet wird – da gibts also gar nichts zu fotographieren.

2. Ein entsprechender Bildvergleich jedoch ist der aus einer anderen Perspektive, und siehe da: man zählt im Bild von 2005 mindestens ebensoviele Foto-Apparate und “ich will sehen und fotographieen”-Gesichter.

Und die Theorie der “Macht der Bilder” muss ergänzt werden: die Manipulation liegt in der Deutung der Bilder.

Zweites Beispiel: Einiges ist geredet worden über die roten Schuhe von Papst Benedikt. Sie sind ein typisches Zeichen der aussergewöhnlichen Macht des Papstes. Und prompt erschien nach dem ersten öffentlichen Auftritt von Papst Franziskus ein Bild, das nur seine Schuhe zeigt: normale braune Halbschuhe. Es ist ein kleines, bescheidenes, aber herausragendes Bild, das Bände darüber spricht, was Bergoglio sich als Papst Franziskus vornimmt.

Zuletzt die ersten Worte des neuen Papstes: “normal”, witzig, wie ein Seelsorger. Diese Worte sind es, welche seine einfache Erscheinung als ehrlich bestätigen. Sie entsprechen einem tiefen Bedürfnis der gesamten westlichen Welt, und die Begeisterung darüber zeigt vor allem, wie fern die letzten Päpste von diesem Bedürfnis ihr Amt in Worte gehüllt haben.

Sie sind die Antithese zur oben genannten Manipulation, wo ein Bild als Manipulation benutzt wird, um einen ganz anderen Inhalt zu verbreiten.

Der erste Auftritt von Franziskus ist ein schönes Beispiel, wie Bilder Inhalte in sich tragen, wie die Worte die Bilder interpretieren sie – und die Taten schlussendlich die Bilder erfüllen. Es ist letztlich der klassische Dreischritt Sehen – Urteilen – Handeln. Beziehungsweise Herz – Kopf – Hand.

Menschen können nicht nicht kommunizieren. Das war ein schönes Beispiel dafür.


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