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Schritt für Schritt vorwärts
Jetzt will ich mal dieses Verseni sehen 2015, Teil 7.

Immer noch ist Rumänien ein Wollknäuel: egal, an welchem Faden man zieht, innert Kürze hat man den ganzen verworrenen Knäuel in der Hand.
Anderseits: Es geht den Rumänen unvergleichlich besser als vor 18 Jahren. Ich rede da nicht über die Natel-Abdeckung und die besseren Strassen, wovon vor allem wir Schweizer am augenscheinlichsten profitieren. Doch auch wenn der Durchschnittslohn hier 200 Euro beträgt, auch wenn ein Liter Benzin 1.45 Franken kostet – viele Rumänen können ihre Häuser besser vor der extremen Witterung schützen (im Winter minus zwanzig, im Sommer plus dreissig Grad; gerade gestern hat es in Verseni zum ersten mal seit drei Monaten geregnet).
Stromausfälle sind nur noch die Ausnahme. Viele Kinder lernen Englisch in der Schule und können sich gut mit den Schweizern in den Gastfamilien verständigen. Die meisten Familien in Verseni müssen ihr Wasser heute nicht mehr aus dem Ziehbrunnen hochheben, sondern haben fliessend Wasser und auch Warmwasser.

Viele Brunnen geben ihr Wasser mittlerweile mit Wasserhähnen frei. Der (angekettete) Becher daneben, damit Jeder und Jede Durstige trinken kann, bleibt ein Symbol für die rumänische Gastfreundschaft.
Es geht voran. Schritt für Schritt.

Gleichzeitig ungleichzeitig
Jetzt will ich mal dieses Verseni sehen 2015, Teil 6
Wir fahren auf der “Europeana”, der grossen Süd-Nord-Transversalen, eine breite Überlandstrasse, die als “Autobahn” gilt und bei den Menschen schlicht “Asfalt” genannt wird – weil es bis vor kurzem eben die einzige asphaltierte Strasse der Region war.

In Soci, ein Nachbardorf von Verseni, halten wir kurz an, damit ich das Haus der Familie Simionescu zeigen kann. Vier auf sieben Meter, aus Lehmziegeln gebaut, der Innenboden ebenfalls aus Lehm. Die Grossmutter, die Eltern und sieben Kinder haben hier gewohnt, sämtliche Kinder kamen ins Kinderheim, nachdem sie wochenlang aus dem Schweinetrog essen mussten.
Als die sechs-jährige Florentina, die jüngste der Simonescu-Töchter, auf dem “Asfalt” von einem
Auto überfahren wird und 7 Monate im Spital in Iasi liegt, wird sie von ihren Eltern kein einziges Mal besucht.
All die tragischen Geschichten in dieser Familie würden alleine ein Buch füllen, der Anblick des Hauses gibt einem eine leise Ahnung davon.

Keine 400 Meter weiter, auf der anderen Strassenseite, eine “Abfallstation” nach deutschem Muster: Drei Container in unterschiedlichen Farben, angeschrieben, um den Müll säuberlich zu trennen, wie wir es auch in der Schweiz gewohnt sind, daneben weitere Container für Glas und für Papier. Es ist weniger ein Science-Fiction-Eindruck, der sich festsetzt, sondern es kommt als arrogante westliche Perversion daher, angesichts des realen Lebens hier solche Anweisungen einzufordern. Und prompt wird diese Arroganz auch abgestraft: der Abfall türmt sich in allen Containern stinkend und ungetrennt. Recht so.