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Shopping ist billiger als eine Therapie. – ???

Montag, 15. Juli, Teil 2. „Shopping ist billiger als eine Therapie“, verkündet ein Schild vor einem Laden. Na dann, nach dem Besuch des Megalo-Palastes, auf zur Trauma-Verarbeitung!
Das grosse Einkaufszentrum „Stradivarius“ protzt wie der Palast mit seiner Fassade.
Doch zwischen rumänischer Historie und rumänischem Einkaufen brauchen die Kinder ein Stück Heimat. Also verpflegen wir uns im McDonalds für insgesamt günstige 21 Franken.

Und hier beginnen die Rechenspiele: Ein Hamburger kostet zwar keinen Franken, aber da die Menschen hier in der Hauptstadt etwa 10x weniger verdienen, ist McDo weiterhin ein Luxusrestaurant…
Als universaler Vergleich hat sich der „Big Mac-Index“ durchgesetzt, der berechnet, wie lange man für einen Big Mac arbeiten muss. Ein Bukarester erarbeitet sich nach dieser Rechnung in einer Stunde 2 Big Macs, ein Schweizer in der selben Zeit 7 Big Macs.

Der Einkaufspalast mitten in Bukarest: ein "Monster" der anderen Art.
Der Einkaufspalast mitten in Bukarest: ein “Monster” der anderen Art.

Lohnniveau 1:15

Im noch ärmeren Nordosten wird’s übrigens noch krasser, weil da der Durschnittslohn rund 15x tiefer ist als bei uns. Das Einkaufszentrum ist immer noch von vielen kleinen Shops gefüllt, und jeder Gang hat in der Mitte zusätzliche Verkaufsstände. Das Verkaufsfeeling bleibt also rumänisch, auch in den durchwegs gehobenen Kleider-, Uhren- und Schmuckläden. Rumänisch dabei sind auch die Kleidergrössen (bzw die Kleider”kleinen”) und weiterhin die Unfreundlichkeit der Verkäuferinnen.

Mehr Platz hat es nur in den eigenen Shops der West-Marken: H&M, Sony, Adidas, Body Shop, Samsung. Die könnten vom Design her jedoch genau so auch im Stücki-Zentrum in Basel stehen. Die Jungs kaufen im Adidas-Shop ein, Yael im H&M.

H&M: Seltsame Form von Gleichheit

Und damit sind wir zurück bei den Zahlen und Preisen. Das muss einfach einmal sein, und wir erledigen das jetzt, dann haben wir es hinter uns.

Adidas, Body Shop und die IT-Shops bieten ihre Ware zu Preisen an, die etwa die Hälfte bis einen Drittel des Schweizer Preises betragen, von Laptop über Lippenbalsam bis zu Fussball-Dress.
H&M dagegen geht einen anderen Weg. Hier sind auf den Preisschildern rund 8 länderspezifische Preise in den jeweiligen Währungen angegeben. Das heisst, Yael hätte für ihren Pulli in Deutschland 20 Euro bezahlt – was genau den 99 Lei in Bukarest entspricht. Also verlangt H&M in ganz Europa die genau gleichen Preise, das jeweilige Lohnniveau spielt ihnen dabei keine Rolle… unsäglich.

Blog with a View - hinten in der Mitte der Palast des Volkes
Blog with a View – hinten , in der Mitte der Palast des Volkes, rechts ein “Ursus”

Und bei Preisvergleichen immer genannt werden muss auch der Benzipreis: 1 Liter Diesel kostet 6.03 Lei, das sind 1.68 Franken… da wundert mensch sich nicht, dass die Rumänen immer nur einige Liter Benzin tanken – und wenn ich dann auf die Masse an Verkehr schaue, die gerade tief unter mir über den Plata Universitarii donnert, frage ich mich schon, wie die Menschen hier ihr Leben leben, habe Respekt vor ihrem Alltag, und fühle mich wieder einmal unendlich privilegiert.

Andere Sorgen

Eben, da wundert es nicht, wenn es nie reicht, dass Häuser, Strassen, Kabel etc. sorgsam gepflegt werden. So irgendwie hingeschludert sind. Weil der Alltag einfach keine Zeit für die Details lässt. Und umso grösser der Respekt, wenn wir dann trotz allem solch detailverliebten Anlässen wie den Schafen am Sonntag Abend begegnen, die zum Ausruhen einladen.

Die fehlende Detailpflege hat dann auch zur Folge, dass Graffitis nicht entfernt werden. In diesem Fall schön, wenn wir nach einem Jahr ein „Lieblingsgraffiti“ wiederfinden. „Smecher“ (ausgesprochen „schmeker“) ist seit Jahren ein Lieblingswort in der Rumäniengruppe, es bedeutet „Schlawiner, Schlaumeier“. Wer in Rumänien überleben will, muss ein „Smecher“ sein – oder eine Smechera…

Um in Rumänien zu überleben, muss man ein "schmeker" sein...
Um in Rumänien zu überleben, muss man ein “schmeker” sein…

Liste: Geld und Zahlen

Durchnittslohn Bukarest: 500 Franken
Durchschnittslohn im Nordosten Rumäniens: 350 Franken (CH: 5000.-)

Erzieher mit Familie (zwei Kinder): 440 Franken (CH: 6000.-)
Heimleiter mit Uni-Abschluss und Familie (zwei Kinder): 500 Franken (CH: 10‘000.-)

Das heisst, um zu sehen, wie viel etwas im Verhältnis zur Schweiz kostet, muss man die Preise schlicht verzehnfachen.
Dann hat man einen Vergleich, was die Dinge für die Rumänen kosten.
Also zum Beispiel wenn ein Rumäne einen Liter Benzin tankt, dann ist es im Verhältnis zum Lohn so, wie wenn es bei uns 17.40 Sfr. kosten würde.

  • Benzin: 1 Liter Normal 17.40 Franken (real 1.74 SFr.; CH 1.74)
  • Big Mac-Menu: 45 Franken (real 4.46 SFr.; CH 11.90)
  • Adidas-Clubleibchen: 470 SFr. (real 47 SFr; CH: 120.-)
  • Neuster Sony-Vaio-Laptop 10300 SFr. (CH: 1700.-)
  • H&M-Kapuzen-Shirt 250 SFr. (CH: 25.-)
  • Espresso im Touri-Zentrum: 16.50 SFr. (CH: 4.40)

Ist Shopping billiger als eine Therapie?


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